URTEIL DES GERICHTSHOFES (Sechste Kammer)
  
  
17. Mai 2001 (1)
  
  Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Richtlinie 
  79/409/EWG - Erhaltung der wild lebenden Vogelarten - Zulässigkeit
  
  
  
In der Rechtssache C-159/99
  
  
  
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch P. 
  Stancanelli als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
  
  
  
  gegen
  
  
Italienische Republik, vertreten durch U. Leanza als 
  Bevollmächtigten im Beistand von P. G. Ferri und M. Fiorilli, avvocati dello 
  Stato, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
  
  
  
wegen Feststellung, dass die Italienische Republik dadurch gegen 
  ihre Verpflichtungen aus dem Gemeinschaftsrecht verstoßen hat,
  
  
- dass sie eine Regelung eingeführt hat, die unter Verstoß gegen die 
  Artikel 5 und 7 in Verbindung mit Anhang II der Richtlinie 79/409/EWG des 
  Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten (ABl. 
  L 103, S. 1) den Fang und die Haltung dreier Arten (Passer italiae, Passer 
  montanus und Sturnus vulgaris) erlaubt und unter Verstoß gegen Artikel 9 
  dieser Richtlinie vorsieht, dass diese Regelung als allgemeine und ständige 
  Abweichung anzuwenden ist, und damit eine unzulässige Situation der 
  Rechtsunsicherheit hervorruft, und 
  
  
- dass sie eine Regelung über die Voraussetzungen und Modalitäten für die 
  Anwendung der Abweichung von den durch die Richtlinie 79/409 vorgeschriebenen 
  Verboten eingeführt hat, die nicht völlig mit den Anforderungen des Artikels 9 
  der Richtlinie im Einklang steht, insbesondere was die in Absatz 1 Buchstaben 
  a und b der Bestimmung geregelten Gründe für die Abweichung betrifft, 
  
  
  
erlässt
  
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
  
  
  
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Gulmann (Berichterstatter), der 
  Richter V. Skouris, J.-P. Puissochet und R. Schintgen sowie der Richterin F. 
  Macken,
  
  
  
Generalanwalt: P. Léger
  
Kanzler: D. Louterman-Hubeau, Abteilungsleiterin
  
  
  
aufgrund des Sitzungsberichts, 
  nach Anhörung der Parteien in der Sitzung vom 9. November 2000,
  
  
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 15. 
  Februar 2001,
  
  
  
folgendes
  
  
Urteil
  
  
- 1. 
  
 - Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die 
  am 30. April 1999 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß 
  Artikel 169 EG-Vertrag (jetzt Artikel 226 EG) Klage erhoben auf Feststellung, 
  dass die ItalienischeRepublik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus dem 
  Gemeinschaftsrecht verstoßen hat, 
  
  
- dass sie eine Regelung eingeführt hat, die unter Verstoß gegen die 
  Artikel 5 und 7 in Verbindung mit Anhang II der Richtlinie 79/409/EWG des 
  Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten (ABl. 
  L 103, S. 1, im Folgenden: Vogelschutzrichtlinie oder Richtlinie) den Fang und 
  die Haltung dreier Arten (Passer italiae, Passer montanus und Sturnus 
  vulgaris) erlaubt und unter Verstoß gegen Artikel 9 der Richtlinie vorsieht, 
  dass diese Regelung als allgemeine und ständige Abweichung anzuwenden ist, und 
  damit eine unzulässige Situation der Rechtsunsicherheit hervorruft, und 
  
  
- dass sie eine Regelung über die Voraussetzungen und Modalitäten für die 
  Anwendung der Abweichung von den durch die Vogelschutzrichtlinie 
  vorgeschriebenen Verboten eingeführt hat, die nicht völlig mit den 
  Anforderungen des Artikels 9 der Richtlinie im Einklang steht, insbesondere 
  was die in Absatz 1 Buchstaben a und b der Bestimmung geregelten Gründe für 
  die Abweichung betrifft. 
  
  
Gemeinschaftsrecht
  
  
   - 2. 
  
 - Die Vogelschutzrichtlinie betrifft nach ihrem Artikel 1 die Erhaltung 
  sämtlicher wild lebenden Vogelarten, die im europäischen Gebiet der 
  Mitgliedstaaten, auf das der EG-Vertrag Anwendung findet, heimisch sind. Sie 
  hat den Schutz, die Bewirtschaftung und die Regulierung dieser Arten zum Ziel 
  und regelt deren Nutzung. 
  
  
   - 3. 
  
 - Artikel 5 Buchstaben a und e der Richtlinie verbietet allgemein das Töten, 
  Fangen und Halten aller unter die Richtlinie fallenden Vogelarten. 
  
  
   - 4. 
  
 - Die Richtlinie sieht jedoch in Artikel 7 Absatz 1 vor, dass die in ihrem 
  Anhang II aufgeführten Arten im Rahmen der einzelstaatlichen 
  Rechtsvorschriften bejagt werden dürfen. 
  
  
   - 5. 
  
 - Im Übrigen können die Mitgliedstaaten unter der Voraussetzung, dass es 
  keine andere zufrieden stellende Lösung gibt, von dieser die Jagd 
  beschränkenden Regelung und von den anderen in den Artikeln 5, 6 und 8 der 
  Vogelschutzrichtlinie vorgesehenen Einschränkungen und Verboten aus den in 
  Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben a bis c aufgeführten Gründen abweichen, und 
  zwar: 
  
  
- erstens nach Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a im Interesse der 
  Volksgesundheit, der öffentlichen Sicherheit und der Sicherheit der Luftfahrt, 
  zur Abwendung erheblicher Schäden an der Landwirtschaft, Wäldern, 
  Fischereigebieten und Gewässern sowie zum Schutz der Pflanzen- und Tierwelt; 
  
  
- zweitens nach Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe b zu Forschungs- und 
  Unterrichtszwecken, zur Aufstockung der Bestände, zur Wiederansiedlung und zur 
  Aufzucht im Zusammenhang mit diesen Maßnahmen; 
  
  
- drittens nach Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe c, um unter streng überwachten 
  Bedingungen selektiv den Fang, die Haltung oder jede andere vernünftige 
  Nutzung bestimmter Vogelarten in geringen Mengen zu ermöglichen. 
  
  
   - 6. 
  
 - Artikel 9 Absatz 2 der Richtlinie lautet: 
  
  
In den abweichenden Bestimmungen ist anzugeben,
  
  
- für welche Vogelarten die Abweichungen gelten, 
  
  
- die zugelassenen Fang- oder Tötungsmittel, -einrichtungen und -methoden, 
  
  
- die Art der Risiken und die zeitlichen und örtlichen Umstände, unter 
  denen diese Abweichungen getroffen werden können, 
  
  
- die Stelle, die befugt ist zu erklären, dass die erforderlichen 
  Voraussetzungen gegeben sind, und zu beschließen, welche Mittel, Einrichtungen 
  und Methoden in welchem Rahmen von wem angewandt werden können, 
  
  
- welche Kontrollen vorzunehmen sind. 
  
  
Nationales Recht
  
  
   - 7. 
  
 - Gemäß Artikel 1 Absatz 4 des italienischen Gesetzes Nr. 157/92 vom 11. 
  Februar 1992 (GURI Nr. 46 vom 25. Februar 1992, Supplemento ordinario 
  Nr. 41, im Folgenden: Gesetz 157/92) wird die Vogelschutzrichtlinie 
  vollständig umgesetzt und entsprechend den Modalitäten und Fristen dieses 
  Gesetzes durchgeführt. 
  
  
   - 8. 
  
 - Nach Artikel 1 Absatz 3 des Gesetzes 157/92 erlassen die Regionen ohne 
  Sonderstatut die Regelungen über die Bewirtschaftung und den Schutz aller wild 
  lebenden Tierarten im Einklang mit diesem Gesetz, internationalen 
  Übereinkommen und den Richtlinien der Gemeinschaft. Diese Vorschrift bestimmt 
  ferner, dass die Regionen mit Sonderstatut und die autonomen Provinzen dieser 
  Verpflichtung aufgrund ihrer ausschließlichen Zuständigkeiten innerhalb des 
  Rahmens ihres jeweiligen Statuts unterliegen. 
  
  
   - 9. 
  
 - Gemäß Artikel 2 Absatz 3 des Gesetzes 157/92 wird die Kontrolle der 
  Populationsgröße der Vögel auf den Flughäfen dem Verkehrsminister übertragen. 
  
  
   - 10. 
  
 - Artikel 4 Absatz 4 des Gesetzes 157/92 zählt eine Reihe wild lebender 
  Vogelarten auf, deren Fang im Hinblick auf die Überlassung als Lockvogel 
  erlaubt ist. Zu diesen Arten gehören die drei von der vorliegenden Klage 
  betroffenen Arten. 
  
  
   - 11. 
  
 - Artikel 5 Absatz 2 des Gesetzes 157/92 bestimmt: 
  
  
Die Regionen erlassen ferner Bestimmungen über die Begründung und 
  Bewirtschaftung des Bestandes von lebenden Fanglockvögeln der in Artikel 4 
  Absatz 4 genannten Arten, die es jedem Jäger, der eine Jagdtätigkeit gemäß 
  Artikel 12 Absatz 5 Buchstabe b ausübt, gestatten, höchstens zehn Exemplare 
  jeder Art bis zu einer Höchstmenge von vierzig Exemplaren zu halten. Für 
  Jäger, die die Jagd vom vorübergehenden Anstand und mit lebenden Lockvögeln 
  ausüben, darf der oben genannte Bestand eine Gesamthöchstmenge von zehn 
  Exemplaren nicht überschreiten.
  
  
   - 12. 
  
 - Die ursprüngliche Fassung von Artikel 18 des Gesetzes 157/92 gestattete 
  die Jagd verschiedener Arten, darunter die von der vorliegenden Klage 
  betroffenen, die jedoch nicht zu den Arten gehörten, die gemäß Anhang II der 
  Richtlinie in Italien bejagt werden dürfen. 
  
  
   - 13. 
  
 - Nach Artikel 19 Absatz 2 des Gesetzes 157/92 ist es Sache der Regionen, 
  die Kontrolle der wild lebenden Tierarten auch in den Gebieten, in denen nicht 
  gejagt werden darf, vorzunehmen, um die folgenden Ziele zu verwirklichen: 
  Verbesserung der Verwaltung des zoologischen Erbes, Schutz des Bodens, 
  gesundheitspolitische Gründe, biologische Auslese, Schutz des 
  geschichtlich-künstlerischen Erbes, Schutz der zoologischen, land- und 
  forstwirtschaftlichen Erzeugung und der Fischbestände. Die fragliche Kontrolle 
  ist selektiv und in der Regel unter Anwendung ökologischer Methoden 
  vorzunehmen. 
  
  
   - 14. 
  
 - Mit dem Rundschreiben Nr. 3/93 vom 29. Januar 1993 (GURI Nr. 38 vom 16. 
  Februar 1993, im Folgenden: Rundschreiben 3/93) machte der 
  Landwirtschaftsminister nähere Angaben zu dem Gesetz 157/92. Nach einer 
  Zusammenfassung der Regelungen der Richtlinie verwies der Minister zum einen 
  auf die Vogelarten, die nach Artikel 18 des Gesetzes 157/92 bejagt werden 
  dürften, und erläuterte zum anderen den Regionen, dass die in dieser Liste 
  genannten, aber nicht in Anhang II der Richtlinie aufgeführten Arten nur 
  bejagt werden dürften, sofern die Voraussetzungen für die in Artikel 9 der 
  Richtlinie vorgesehenen Abweichungen erfüllt seien. Ferner wurde in dem 
  Rundschreiben 3/93 ausgeführt: Der Fang von Vögeln im Hinblick auf ihre 
  Überlassung als Lockvögel gemäß den Artikeln 4 Absatz 4 und 5 Absatz 2 des 
  Gesetzes 157/92 ist im Rahmen der aufgrund von Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe c 
  der Richtlinie 79/409/EWG gestatteten Abweichungen erlaubt. 
  
  
   - 15. 
  
 - Um den Bestimmungen der Vogelschutzrichtlinie über die in Italien 
  bejagbaren Arten nachzukommen, wurde Artikel 18 des Gesetzes 157/92 durch das 
  Dekret des Präsidenten des Ministerrates vom 21. März 1997 (GURI Nr. 98 vom 
  29. April 1997, im Folgenden: Dekret vom 21. März 1997) dahin geändert, dass 
  neun Vogelarten, darunter die drei von der vorliegenden Klage betroffenen 
  Arten, von der Liste der Arten ausgeschlossen wurden, die bejagt werden 
  dürfen. 
  
  
   - 16. 
  
 - Das Istituto Nazionale per la Fauna Selvatica (Nationales Institut für 
  wild lebende Tiere, im Folgenden: INFS) richtete an einige Regionen ein vom 
  13. Mai 1997datiertes Rundschreiben (im Folgenden: Rundschreiben vom 13. Mai 
  1997), in dem insbesondere Folgendes erläutert wird: 
  
  
[Das Dekret vom 21. März 1997] hat u. a. den Star (Sturnus vulgaris), den 
  Italiensperling (Passer italiae), den Feldsperling (Passer montanus) sowie den 
  Haussperling (Passer domesticus), die zuvor noch für die Versorgung mit zur 
  Jagd vom Anstand genutzten lebenden Lockvögeln gefangen wurden, aus dem Kreis 
  der bejagbaren Arten ausgeschlossen.
  
  
Der diesen vier Arten gewährte Schutz lässt es nicht zu, sie als Lockvögel 
  für die Jagd zu nutzen; die für die Verwaltung der Fangeinrichtungen geltenden 
  Vorschriften sind daher zu ändern.
  
  
...
  
  
   - 17. 
  
 - Der Präsident des Ministerrates erließ ein Dekret vom 27. September 1997 
  (GURI Nr. 254 vom 30. Oktober 1997, im Folgenden: Dekret vom 27. September 
  1997), das die Modalitäten für die Anwendung der in Artikel 9 Absatz 1 
  Buchstabe c der Vogelschutzrichtlinie vorgesehenen Abweichung festlegt. 
  Bezüglich der in Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben a und b der Richtlinie 
  vorgesehenen Abweichungen wird in der Präambel dieses Dekrets darauf 
  hingewiesen, dass diese in den Artikeln 2 Absatz 3 und 19 des Gesetzes 157/92 
  geregelt sind. Aufgrund von Klagen einiger Regionen erklärte die Corte 
  costituzionale (Italien) mit ihrer Entscheidung Nr. 169 vom 14. Mai 1999 das 
  Dekret vom 27. September 1997 für nichtig. 
  
  
Vorverfahren
  
  
   - 18. 
  
 - Nach Prüfung der italienischen Regelung übersandte die Kommission der 
  italienischen Regierung am 30. November 1993 gemäß Artikel 169 EG-Vertrag eine 
  schriftliche Aufforderung zur Äußerung binnen zwei Monaten. 
  
  
   - 19. 
  
 - In diesem Mahnschreiben gab die Kommission in Punkt 1 und 2 die 
  italienische Regelung über die Jagd und den Fang der drei von der vorliegenden 
  Klage betroffenen Arten wieder. In Punkt 3 führte sie Folgendes aus: 
  
  
... Auch wenn das Rundschreiben [3/93] die fraglichen Vogelarten von der 
  Jagd und dem Fang ausgeschlossen und festgestellt hat, dass nur die 
  Ausnahmeregelung des Artikels 9 der [Vogelschutz]richtlinie eventuell für 
  diese Arten genutzt werden kann, stellt es aufgrund seiner Rechtsnatur auch 
  bei Veröffentlichung in der Gazetta Ufficiale della Repubblica Italiana 
  kein ausreichendes Mittel zur Bindung der Adressaten dar, das der im Gesetz 
  157/92 enthaltenen Liste der Arten, die bejagt und gefangen werden dürfen, 
  vorgehen könnte.
  
  
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes reicht ein Rundschreiben nämlich 
  nicht aus, um den Erfordernissen der Rechtssicherheit in vollem Umfang zu 
  genügen.
  
  
Im vorliegenden Fall kann eine Situation der Rechtsunsicherheit entstehen, 
  da das Gesetz die Jagd und den Fang der oben genannten Arten gestattet, und 
  zwar ohne Einschränkung, während das Rundschreiben eine gegenteilige Aussage 
  enthält.
  
  
Weder die regionalen oder lokalen Verwaltungen noch die Jäger können diesen 
  beiden Vorschriften mit Gewissheit entnehmen, welche Vögel zu welchem 
  Zeitpunkt bejagt werden dürfen.
  
  
Hinzu kommt, dass nach Artikel 9 Absatz 2 der [Vogelschutz]richtlinie eine 
  bestimmte Verwaltungsstelle bei den Fällen, die in den Anwendungsbereich des 
  Artikels 9 Absatz 1 fallen, feststellen muss, ob die Voraussetzungen dieses 
  Absatzes erfüllt sind, an welchem Ort und für welche Vögel die Jagd 
  ausnahmsweise gestattet werden kann.
  
  
Die gemäß Artikel 9 Absatz 2 der [Vogelschutz]richtlinie zuständigen 
  Stellen müssen außerdem prüfen, ob es eine andere zufrieden stellende Lösung 
  gibt, mit der das konkrete Problem überwunden werden kann, ohne auf die 
  Gestattung einer Abweichung zurückgreifen zu müssen.
  
  
...
  
  
   - 20. 
  
 - Mit Schreiben vom 21. März 1997 kündigten die italienischen Stellen der 
  Kommission den unmittelbar bevorstehenden Erlass von Rechtsvorschriften an, um 
  den Verpflichtungen aus der Vogelschutzrichtlinie nachzukommen. Am 29. Mai 
  1997 übermittelte die italienische Regierung der Kommission das Dekret vom 21. 
  März 1997. 
  
  
   - 21. 
  
 - Da die Kommission die von den italienischen Stellen erlassenen Maßnahmen 
  für unzureichend hielt, um dem in dem Mahnschreiben enthaltenen Vorwurf 
  abzuhelfen, übersandte sie der Italienischen Republik am 7. August 1997 eine 
  mit Gründen versehene Stellungnahme, in der sie eine einzige Rüge erhob, die 
  im Wesentlichen mit der ersten Rüge der vorliegenden Klage übereinstimmt. 
  
  
   - 22. 
  
 - Mit Schreiben vom 1. Oktober 1997 übermittelte die italienische Regierung 
  der Kommission das Dekret vom 27. September 1997. 
  
  
   - 23. 
  
 - Nach Prüfung des Inhalts dieses Dekrets übersandte die Kommission der 
  Italienischen Republik am 18. Juni 1998 eine ergänzende mit Gründen versehene 
  Stellungnahme, in der sie eine weitere Rüge erhob, die mit der zweiten Rüge 
  der vorliegenden Klage übereinstimmt. 
  
  
   - 24. 
  
 - Nachdem die italienische Regierung hierauf nicht reagierte, beschloss die 
  Kommission, die vorliegende Klage zu erheben. 
  
  
Zur ersten Rüge
  
  
   - 25. 
  
 - Hiermit wirft die Kommission der Italienischen Republik vor, dass sie zum 
  einen unter Verstoß gegen die Artikel 5 und 7 in Verbindung mit Anhang II der 
  Vogelschutzrichtlinie eine Regelung eingeführt habe, die den Fang und die 
  Haltung der drei von der vorliegenden Klage betroffenen Arten erlaube, und zum 
  anderen unter Verstoß gegen Artikel 9 dieser Richtlinie vorgesehen habe, dass 
  diese Regelung als allgemeine und ständige Abweichung anzuwenden sei. 
  
  
   - 26. 
  
 - Zum ersten Teil dieser Rüge macht die Kommission geltend, aus dem Wortlaut 
  der Artikel 4 Absatz 4 und 5 Absatz 2 des Gesetzes 157/92 ergebe sich 
  ausdrücklich, dass die drei von der vorliegenden Klage betroffenen Arten im 
  Hinblick auf ihre Überlassung als Lockvögel gefangen und gehalten werden 
  dürften, was einen Verstoß gegen die Artikel 5 und 7 in Verbindung mit Anhang 
  II der Vogelschutzrichtlinie darstelle. 
  
  
   - 27. 
  
 - Die italienische Regierung führt in ihrer Klagebeantwortung aus, dass das 
  Dekret vom 21. März 1997 durch den Ausschluss der drei von der vorliegenden 
  Klage betroffenen Arten von der Liste der bejagbaren Arten ebenfalls den Fang 
  und die Haltung dieser Arten ausgeschlossen habe, da ein enger Zusammenhang 
  zwischen den Artikeln 4 Absatz 4 und 5 Absatz 2 des Gesetzes 157/92 einerseits 
  und Artikel 18 Absatz 1 dieses Gesetzes andererseits bestehe. Denn nur die 
  Arten, deren Jagd gestattet sei, dürften gefangen und gehalten werden. 
  
  
   - 28. 
  
 - Darüber hinaus regelten die italienischen Rechtsvorschriften die 
  Fangtätigkeit genau, unter der unmittelbaren Aufsicht der Behörden und 
  öffentlichen Einrichtungen. Die Kontrolle der Tätigkeit dieser Einrichtungen 
  sei dem INFS übertragen worden, das nach Erlass des Dekrets vom 21. März 1997 
  den betroffenen Verwaltungen durch das Rundschreiben vom 13. Mai 1997 die 
  notwendigen Anweisungen gegeben habe, um die drei von der vorliegenden Klage 
  betroffenen Arten von der Fangtätigkeit im Hinblick auf die Nutzung als 
  Lockvögel auszuschließen. 
  
  
   - 29. 
  
 - Zunächst ergibt sich aus den Artikeln 5 und 7 der Vogelschutzrichtlinie, 
  dass die Jagd, der Fang und die Haltung von Exemplaren der nicht in Anhang II 
  dieser Richtlinie aufgeführten Arten verboten sind. Die Arten Passer italiae, 
  Passer montanus und Sturnus vulgaris sind in diesem Anhang nicht unter den 
  Arten genannt, die in Italien gefangen und gehalten werden dürfen. 
  
  
   - 30. 
  
 - Aus dem Wortlaut des Artikels 4 Absatz 4 des Gesetzes 157/92 ergibt sich, 
  dass der Fang von Exemplaren dieser drei Arten im Hinblick auf die Überlassung 
  als Lockvögel in Italien gestattet ist. Ferner können die Regionen nach 
  Artikel 5 Absatz 2 des Gesetzes 157/92 die Modalitäten der Haltung der 
  Exemplare dieser drei Arten regeln, die als Lockvögel genutzt werden sollen. 
  
  
   - 31. 
  
 - Daher ist festzustellen, dass dieser nationale rechtliche Rahmen im 
  Widerspruch zu den Artikeln 5 und 7 in Verbindung mit Anhang II der 
  Vogelschutzrichtlinie steht. 
  
  
   - 32. 
  
 - Zum Vorbringen der italienischen Regierung, dass die Verbote aus der 
  Vogelschutzrichtlinie angesichts der Änderung des Artikels 18 des Gesetzes 
  157/92 durch das Dekret vom 21. März 1997 einerseits und angesichts des 
  Rundschreibens vom 13. Mai 1997 andererseits tatsächlich eingehalten worden 
  seien, ist auf die folgenden Aspekte der Rechtsprechung des Gerichtshofes zu 
  den Verpflichtungen der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung von Richtlinien der 
  Gemeinschaft zu verweisen: 
  
  
- Die Bestimmungen einer Richtlinie müssen mit unbestreitbarer 
  Verbindlichkeit und mit der Konkretheit, Bestimmtheit und Klarheit umgesetzt 
  werden, die notwendig sind, um den Erfordernissen der Rechtssicherheit zu 
  genügen (vgl. insbesondere Urteil vom 19. Mai 1999 in der Rechtssache 
  C-225/97, Kommission/Frankreich, Slg. 1999, I-3011, Randnr. 37); 
  
- bloße Verwaltungspraktiken, die die Verwaltung ihrem Wesen nach beliebig 
  ändern kann und die nur unzureichend bekannt gemacht sind, können nicht als 
  eine wirksame Erfüllung der Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag angesehen 
  werden (vgl. insbesondere Urteil vom 11. November 1999 in der Rechtssache 
  C-315/98, Kommission/Italien, Slg. 1999, I-8001, Randnr. 10). 
  
  
   - 33. 
  
 - Die Umsetzung der Verpflichtungen aus den Artikeln 5 und 7 sowie aus 
  Anhang II der Vogelschutzrichtlinie in italienisches Recht entspricht nicht 
  diesen in der Rechtsprechung aufgestellten Erfordernissen. 
  
  
   - 34. 
  
 - Denn selbst wenn die Änderung des Artikels 18 des Gesetzes 157/92 durch 
  das Dekret vom 21. März 1997 zum Ausschluss des Fangs der drei von der 
  vorliegenden Klage betroffenen Arten im Hinblick auf die Nutzung als Lockvögel 
  geführt haben sollte, so wurden dennoch die Artikel 4 und 5 dieses Gesetzes, 
  die den Fang und die Haltung dieser drei Arten im Hinblick auf die Nutzung als 
  Lockvögel erlauben, nicht förmlich geändert, was im vorliegenden Fall zu einer 
  Mehrdeutigkeit führt, die die Einhaltung des in der Vogelschutzrichtlinie 
  vorgesehenen Verbotes dieser Maßnahmen ungewiss macht. 
  
  
   - 35. 
  
 - Auch wenn das Rundschreiben vom 13. Mai 1997, wie die italienische 
  Regierung behauptet, die in Randnummer 28 dieses Urteils beschriebenen 
  Wirkungen haben sollte, reicht ferner ein solches Rundschreiben, das die 
  Verwaltung seinem Wesen nach beliebig ändern kann, nicht aus, um die 
  fraglichen Bestimmungen der Vogelschutzrichtlinie umzusetzen. 
  
  
   - 36. 
  
 - Daher ist festzustellen, dass die Artikel 5 und 7 sowie Anhang II der 
  Vogelschutzrichtlinie nicht mit der nach dem Gemeinschaftsrecht erforderlichen 
  Konkretheit, Bestimmtheit und Klarheit in italienisches Recht umgesetzt worden 
  sind. 
  
  
   - 37. 
  
 - Mit dem zweiten Teil der ersten Rüge wirft die Kommission der 
  Italienischen Republik vor, dass sie vorgesehen habe, dass die im ersten Teil 
  dieser Rüge genannte nationale Regelung als allgemeine und ständige Abweichung 
  anzuwenden sei, was einen Verstoßgegen Artikel 9 der Vogelschutzrichtlinie 
  darstelle; dies rufe eine Situation der Rechtsunsicherheit hervor. 
  
  
   - 38. 
  
 - Die Kommission erläutert diesen Teil ihrer Rüge unter Hinweis darauf, dass 
  die italienischen Stellen ihr nach der ersten mit Gründen versehenen 
  Stellungnahme das Dekret vom 27. September 1997 übermittelt hätten. Dieses 
  Dekret könne aber den Widerspruch zwischen dem Gesetz 157/92 und der 
  Vogelschutzrichtlinie nur auflösen, wenn sein Artikel 3 bezüglich der 
  Abweichungen dahin ausgelegt werde, dass er auf alle Fälle anzuwenden sei, in 
  denen Exemplare von geschützten Arten gefangen würden, um sie als Lockvögel zu 
  überlassen, also auf alle Fälle des Artikels 4 Absatz 4 des Gesetzes 157/92. 
  
  
   - 39. 
  
 - Hierzu sind folgende Ausführungen zu machen. 
  
  
   - 40. 
  
 - Zunächst kann zwar, wie die Kommission ausgeführt hat, Artikel 9 der 
  Richtlinie keine Abweichung von ihren Artikeln 5 und 7 sowie ihrem Anhang II 
  rechtfertigen, die in einer allgemeinen und ständigen Erlaubnis des Fangs und 
  der Haltung der drei von der vorliegenden Klage betroffenen Arten besteht, 
  doch bestreitet die italienische Regierung, im Verlauf dieses 
  Vertragsverletzungsverfahrens vorgetragen zu haben, dass Artikel 3 des Dekrets 
  vom 27. September 1997 als allgemeine und ständige Abweichung anzuwenden 
  gewesen sei. 
  
  
   - 41. 
  
 - Tatsächlich ist unstreitig, dass die italienische Regierung in ihren 
  Erklärungen vor dem Gerichtshof ihre Verteidigung auf das Vorbringen gestützt 
  hat, dass der Fang und die Haltung der drei von der vorliegenden Klage 
  betroffenen Arten in Italien nicht erlaubt seien, und nicht auf eine Anwendung 
  von Artikel 9 der Vogelschutzrichtlinie. 
  
  
   - 42. 
  
 - Ferner hat die Corte costituzionale mit ihrer Entscheidung vom 14. Mai 
  1999 das Dekret vom 27. September 1997 für nichtig erklärt, indem sie 
  insbesondere entschieden hat, dass die für die Jagd zuständigen Stellen, 
  darunter die Regionen, die in Artikel 9 der Vogelschutzrichtlinie vorgesehenen 
  Abweichungen nicht anwenden könnten, wenn es keine vorherige allgemeine 
  Regelung dieser Frage gebe, deren Erlass in die Zuständigkeit des Staates 
  falle. 
  
  
   - 43. 
  
 - Schließlich stellt die Kommission in ihrer Erwiderung selbst fest, dass 
  jede Diskussion über diesen Teil der ersten Rüge nur noch von theoretischem 
  Interesse sei, da das Dekret vom 27. September 1997 von der Corte 
  costituzionale für nichtig erklärt worden sei, und dass nach dem gegenwärtigen 
  Stand der Dinge keine gesetzliche Vorschrift die Anwendung der Artikel 4 
  Absatz 4 und 5 Absatz 2 des Gesetzes 157/92 beschränke. 
  
  
   - 44. 
  
 - Daher braucht über diesen Teil der ersten Rüge nicht entschieden zu 
  werden. 
  
  
Zur zweiten Rüge
  
  
   - 45. 
  
 - Hiermit wirft die Kommission der Italienischen Republik vor, dass sie in 
  Bezug auf die Voraussetzungen und Modalitäten der Anwendung der Abweichungen 
  von den durch die Vogelschutzrichtlinie vorgeschriebenen Verboten eine 
  Regelung eingeführt habe, die nicht völlig mit den Anforderungen des Artikels 
  9 Absatz 1 Buchstaben a und b der Richtlinie im Einklang stehe. 
  
  
   - 46. 
  
 - Die Kommission macht geltend, dass das Dekret vom 27. September 1997 nur 
  im Hinblick auf die in Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe c der 
  Vogelschutzrichtlinie vorgesehene Abweichungsmöglichkeit eine ausreichende 
  Maßnahme darstelle, um die Umsetzung der wesentlichen Aspekte des Artikels 9 
  der Richtlinie sicherzustellen. Was hingegen die in Artikel 9 Absatz 1 
  Buchstaben a und b der Vogelschutzrichtlinie vorgesehenen 
  Abweichungsmöglichkeiten angehe, begnüge sich dieses Dekret mit einer bloßen 
  Verweisung auf einen anderen Gesetzestext, indem es feststelle, dass die 
  fraglichen Abweichungen in den Artikeln 2 Absatz 3 und 19 des Gesetzes 157/92 
  geregelt seien. Weder diese beiden letztgenannten Vorschriften noch eine 
  andere Vorschrift des italienischen Rechts legten die Voraussetzungen und 
  Modalitäten für die Gestattung der Abweichungen in den von Artikel 9 Absatz 1 
  Buchstaben a und b der Vogelschutzrichtlinie erfassten Fällen fest. Im 
  italienischen Recht gebe es daher keine vollständige und gemeinschaftskonforme 
  Regelung, die in diesen Fällen eine konkrete Anwendung der in der Richtlinie 
  vorgesehenen Abweichungen ermöglichten. 
  
  
   - 47. 
  
 - Die italienische Regierung trägt in ihrer Klagebeantwortung vor, dass 
  diese Rüge für unzulässig zu erklären sei, da sie nicht in den durch das 
  Mahnschreiben vom 30. November 1993 festgelegten Rahmen der Streitigkeit 
  falle. 
  
  
   - 48. 
  
 - Die Kommission erwidert, dass die für die vorprozessuale Phase des 
  Verfahrens geltenden Grundsätze im vorliegenden Fall ordnungsgemäß angewandt 
  worden seien. Sie habe diese zweite Rüge bereits in knapper und allgemeiner 
  Form in dem Mahnschreiben dargestellt, indem sie ausdrücklich auf einige der 
  Voraussetzungen Bezug genommen habe, denen die Anwendung der in Artikel 9 der 
  Vogelschutzrichtlinie vorgesehenen Abweichungen unterworfen sei. 
  
  
   - 49. 
  
 - Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes solle die vorprozessuale 
  Phase des Verfahrens dem betroffenen Mitgliedstaat Gelegenheit geben, sowohl 
  den ihm obliegenden gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen als 
  auch seine Verteidigungsmittel gegenüber den Rügen der Kommission wirkungsvoll 
  geltend zu machen (vgl. Urteil vom 20. März 1997 in der Rechtssache C-96/95, 
  Kommission/Deutschland, Slg. 1997, I-1653, Randnr. 22). 
  
  
   - 50. 
  
 - Weiterhin unter Berufung auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes trägt 
  die Kommission in diesem Zusammenhang vor, dass das Mahnschreiben zwar den 
  Gegenstand der Streitigkeit umschreiben und dem Mitgliedstaat die zur 
  Vorbereitung seiner Verteidigung notwendigen Angaben an die Hand geben solle, 
  dass an die Vollständigkeit dieses Schreibens aber nicht dieselben 
  Anforderungen wie an die mit Gründen versehene Stellungnahme gestellt werden 
  könnten. Denn dieses Schreibenkönne in einer lediglich ersten knappen 
  Zusammenfassung der in allgemeiner Form dargestellten Vorwürfe bestehen, wobei 
  die nachfolgende mit Gründen versehene Stellungnahme durch eine 
  zusammenhängende und detaillierte Darlegung der Gründe, aus denen die 
  Kommission zu der Überzeugung gelangt sei, dass der betreffende Mitgliedstaat 
  gegen seine Verpflichtungen aus dem Gemeinschaftsrecht verstoßen habe, diese 
  Vorwürfe präzisieren müsse (vgl. Urteil vom 16. September 1997 in der 
  Rechtssache C-279/94, Kommission/Italien, Slg. 1997, I-4743, Randnrn. 14 und 
  15). 
  
  
   - 51. 
  
 - Zunächst ist festzustellen, dass dem Mahnschreiben vom 30. November 1993 
  zu entnehmen ist, dass die Kommission der Italienischen Republik darin 
  vorgeworfen hat, sie habe unter Verstoß gegen die Richtlinie die Jagd, den 
  Fang und die Haltung bestimmter wild lebenden Vogelarten, darunter die drei 
  von der vorliegenden Klage betroffenen Arten, gestattet. Die Erwähnung des 
  Artikels 9 der Vogelschutzrichtlinie in diesem Schreiben erklärte sich durch 
  die Existenz des Rundschreibens 3/93, zu dem die Kommission festgestellt hat, 
  dass nur die in Artikel 9 der Richtlinie vorgesehene Ausnahmeregelung 
  eventuell genutzt werden könne, um die Jagd und den Fang von Arten zu 
  gestatten, für die das Gesetz 157/92 diese Praktiken zulasse, die aber nicht 
  in Anhang II der Richtlinie aufgeführt seien. 
  
  
   - 52. 
  
 - Ferner hat die Kommission in ihrer ersten mit Gründen versehenen 
  Stellungnahme vom 7. August 1997 eine einzige Rüge gegenüber der Italienischen 
  Republik erhoben, nämlich im Wesentlichen die gleiche Rüge wie diejenige, die 
  sie in ihrem Mahnschreiben dargelegt hatte. 
  
  
   - 53. 
  
 - Schließlich hat die Kommission in ihrer ergänzenden mit Gründen versehenen 
  Stellungnahme vom 18. Juni 1998 zwei verschiedene Rügen erhoben. Sie hat zum 
  einen die Rüge ihrer ersten mit Gründen versehenen Stellungnahme wiederholt 
  und zum anderen der Italienischen Republik vorgeworfen, dass sie in Bezug auf 
  die Voraussetzungen und Modalitäten der Anwendung der Abweichungen von den 
  durch die Vogelschutzrichtlinie vorgeschriebenen Verboten eine Regelung 
  eingeführt habe, die nicht mit den Anforderungen des Artikels 9 Absatz 1 
  Buchstaben a und b der Richtlinie im Einklang stehe. Hierfür hat die 
  Kommission insbesondere das Dekret vom 27. September 1997 mit Bezug auf die 
  Artikel 2 Absatz 3 und 19 des Gesetzes 157/92 überprüft. 
  
  
   - 54. 
  
 - Daher ist festzustellen, dass die Kommission in ihrer ergänzenden mit 
  Gründen versehenen Stellungnahme gegenüber der Italienischen Republik eine 
  neue Rüge erhoben hat, die sie in ihrem Mahnschreiben nicht erhoben hatte. 
  Diese Änderung der Vorwürfe geht trotz des allgemeinen Wortlauts, der bei 
  einem Mahnschreiben zulässig ist, über eine bloße Präzisierung der ersten 
  knappen Zusammenfassung der Vorwürfe hinaus, so dass die zweite Rüge der 
  Kommission im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht geprüft werden kann. 
  
  
   - 55. 
  
 - Daher ist die zweite Rüge betreffend die Umsetzung von Artikel 9 Absatz 1 
  Buchstaben a und b der Vogelschutzrichtlinie als unzulässig zurückzuweisen. 
  
  
  
Kosten
  
  
   - 56. 
  
 - Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf 
  Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Artikel 69 § 3 Absatz 1 der 
  Verfahrensordnung kann der Gerichtshof jedoch beschließen, dass jede Partei 
  ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. 
  Da die Kommission und die Italienische Republik mit ihrem Vorbringen teils 
  obsiegt haben und teils unterlegen sind, haben sie jeweils ihre eigenen Kosten 
  zu tragen. 
  
  
Aus diesen Gründen
  
  
hat
  
  
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
  
  
für Recht erkannt und entschieden: 
  
  
1. Die Italienische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus 
  der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der 
  wild lebenden Vogelarten verstoßen, dass sie eine Regelung eingeführt hat, die 
  unter Verstoß gegen die Artikel 5 und 7 in Verbindung mit Anhang II dieser 
  Richtlinie den Fang und die Haltung der Arten Passer italiae, Passer montanus 
  und Sturnus vulgaris erlaubt. 
  
  
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 
  
  
3. Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten. 
  
  
  
  
    
    
      | Gulmann
        Skouris
         Puissochet 
        
         Schintgen
         Macken 
         | 
  Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 17. Mai 2001.
  
  
  
Der Kanzler
  
Der Präsident der Sechsten Kammer 
  
  
  
R. Grass 
  
C. Gulmann